Samstag fuhren wir zum Geburtstag eines Freundes. Auf der Autofahrt hörten wir im Radio einen Bericht über Handwerksgesellinnen und -gesellen auf der traditionellen Walz.
Jetzt, beim Schreiben, denke ich an die Männer und Frauen, die mit Jesus drei Jahre unterwegs waren, um zu lernen. Gerne will ich für mein Leben aus beidem, den biblischen Geschichten und den Berichten aus dem Jahr 2025, lernen.
Im Radio wurde von jungen Leuten berichtet, die auf ihrer Walz sich in der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 Chemnitz einbringen – mit ihrem Können und den Erfahrungen, die sie unterwegs sammeln. Was in mir seit dem Bericht nachklingt, ist der Gedanke „in der Freiheit zu bleiben“. Die jungen Menschen leben in einer alten Tradition aus dem Mittelalter, tragen Kleidung, die sie erkennbar macht, und doch in der Symbolik sich erst durch die Erklärung erschließt. Das zum Beispiel die Anzahl der Knöpfe auf die Zahl der Arbeitstage hinweist und der Hut als Teil der Kluft auf die Freiheit hinweist, war mir neu. Als Gesellin und Geselle wurde man freigesprochen, wusste ich. Das auch in heutiger Zeit es selbstverständlich ist auf der Walz auf das Handy zu verzichten, ließ mich nachdenklich zurück. Die Begründung erschloss sich mir schnell: die Erreichbarkeit von außen an allen Orten, zu jeder Zeit zu unterbinden, um in der Freiheit zu bleiben.
Manchmal komme ich mir „verstaubt“ vor, weil ich längst nicht auf jeder Welle und bei jedem Trend mitschwimme, nicht jeden Messenger nutze und nicht alle Kanäle verfolge und bediene. Ich liebe die Stille und zu meinem „Handwerk“ gehört das Gebet wie die Meditation, das Nachdenken und Lauschen. Gottesdienste gestalte ich gerne schlicht und unspektakulär und öffne gerne Freiräume zum Gebet und Sein. Als Diakonisse war ich an der Tracht im Alltag erkennbar und fühlte mich manchmal „aus der Zeit gefallen“ – und doch waren das für mich geistlich „Lehr- und Wanderjahre“, die mein Leben bis heute bereichern.
Denke ich an Jesus und seine Jünger, denke ich an die vielen unterschiedlichen Orte und Herausforderungen, denen sie begegneten und in denen sie lernen konnten. Die Berichte in der Bibel sind bis heute Quelle der Inspiration, lassen nachdenken und lernen.
Der berufliche Input der Handwerksleute auf der Walz hat in mir neu diese Sehnsucht nach Freiheit geweckt, sich unterwegs mit seinen Gaben einzubringen, und dort zu lernen, wo man sich mit anderen einbringt, miteinander und voneinander lernt. Das die Gesellinnen und Gesellen nach Regeln leben und sie einhalten, um „in der Freiheit zu bleiben“, macht für mich Sinn. Der Gedanke weckt den Wunsch bei allen Veränderungen in meinem Leben wieder disziplinierter in meinen Rhythmus zu finden, Orte und Zeiten, die mir geschenkt sind zu nutzen. Für mich heißt das „Emmaus-Zeiten“ halten: sing, bet‘ und geh auf Gottes Wegen. Die habe ich mir jetzt erstmal neu in meinen Kalender eingetragen und werde das Handy noch bewusster ausschalten, oder ohne auf diese Reisen und Wege gehen. Lesen, Leben, Lernen.
08.09.2025 / csb