Das Gebet gehört zur Praxis christlichen Lebens, wird aber unterschiedlich praktiziert und verstanden. Wir möchten dazu einige Anmerkungen machen.
Das Gebet als Atmen der Seele
"Betet ohne Unterlass" ermutigt Paulus die frühe Gemeinde in Thessaloniki (1. Thess. 5,17). Damit ist natürlich nicht gemeint, dass wir rund um die Uhr 24/7 mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen umherlaufen sollen. Vielmehr geht es um eine Haltung, in der wir ständig mit Gott in Verbindung bleiben. Das Gebet geschieht einfach - wie atmen.
Der viel gebrauchte Vergleich, dass beten wie atmen sei - selbstverständlich, automatisch, als Grundausrichtung zu Gott hin, schließt ja das besondere, bewusste, gesprochene Gebet keineswegs aus. Wer sich Zeit für Atemübungen nimmt, lernt, anders zu atmen, tiefer, bewusster. Deshalb sind Zeiten des Gebets - oder Gebetsübungen - so hilfreich und wichtig. Nicht als religiöse Leistung, nicht als magisches Allheilmittel, sondern zur Vertiefung der Beziehung zu Gott.
Das Gebet als Beziehung
Wird das Gebet als Ausdruck der Beziehung zu Gott verstanden, so ist es auch mehr als "Ansprache" an Gott. Das Reden steht in einer Balance zum Hören. Gerade das wird aber häufig ausser Acht gelassen. In der Gebetsoase will auch Raum zum Hören geboten werden. Das "hörende Gebet" meint hier nicht, jemand "horcht" - einem Orakel gleich - was Gott für eine andere Person wohl sagen will und erwartet dann, dass das Gegenüber alles "Gehörte" freudig für das eigene Leben annimmt. Vielmehr ist es ein gemeinsames Schweigen, Innehalten, Hören - das Impulse geben kann, aber nicht muss.
Claudia hat sich gerade mit dieser Frage intensiv beschäftigt und ist seit vielen Jahren auch mit Seminaren zum Hören in Gemeinden unterwegs. Mehr dazu hier.
Das Gebet im Gottesdienst
Im christlichen Gottesdienst hat das Gebet besondere Aufgaben, die je nach Gemeindetradition mehr oder weniger "formalisiert" sind. In manchen Kirchen werden z.B. nur schriftlich genau festgelegte Gebete rezitiert, während in anderen Gemeinden selbst das Vaterunser manchen als zu förmlich erscheint.
Theologisch ist gerade im Gottesdienst zwischen Anbetung, Dank und Fürbitte zu unterscheiden, die typischer Weise ihren je eigenen Platz im Gottesdienst haben.